Es gibt sie noch, die guten Dinge, behauptet ein Versender von Manufakturprodukten in seinem Unternehmenscredo. Das Motto könnte eigentlich aus der High-End-Szene stammen. Denn dort geht es stets um mehr als nur um feinen Klang: Verarbeitung vom Feinsten, sichtbare technische Ästhetik, auf Langlebigkeit ausgelegte Konstruktionen und dauerhafte Wertbeständigkeit zählen hier zu den Primärtugenden – jedenfalls dem Anspruch nach. Nicht alle Gerätschaften für den guten Ton erfüllen diese Vorgaben, aber es gibt sie tatsächlich noch, die Musikmaschinen für die Ewigkeit.
Eine von ihnen heißt 808, konstruiert vor 40 Jahren von einem jungen Ingenieur namens Dieter Burmester. Hinter der schweren, verchromten Metallfront, die später zum Markenzeichen für alle Burmester-Komponenten avancierte, verbarg sich damals Innovation pur: Der 808 war der erste Vorverstärker, der sich mit steckbaren Modulen perfekt an seine Mitspieler anpassen ließ. Heute hat der 808 immer noch einen prominenten Platz im Burmester-Portfolio. Zugegeben: Die Elektronik erfuhr inzwischen schon die fünfte Modifikation, aber die Legende lebt – als feine Anlagenzentrale mit überzeitlichem Charme.
Ein kongeniales Geschöpf, zweifelsfrei erkennbar am plakativen Schriftzug „Der Vorverstärker“, entstand vor mehr als 30 Jahren im Labor von MBL: Konzipiert als ideales Arbeitsgerät für den Hörvergleich, fand es seinen Weg über den Einsatz als Schaltzentrale in den Hörstudios der Händler bis zu den High-End-Fans, die den mächtigen Vorverstärker unbedingt zu Hause genießen wollten. Die aktuelle Version heißt 6010 D, und sie hat noch alles an Bord, was zu einem audiophilen Zentralorgan gehört, darunter sechs separat regelbare Analogeingänge und zwei kanalgetrennt regelbare Ausgangsgruppen.
Ein anderes Beispiel für beharrliche Orientierung an dauerhafter Qualität stammt aus der Vinylszene und hört auf den Markennamen Transrotor. Als Jochen Räke 1971 begann, die Marke aufzubauen, importierte er die Geräte zunächst aus England. Die musste er dann durchweg überarbeiten: Zunächst hat er sie zerlegt, dann Teile ausgetauscht und nachjustiert. Die Motoren hingen zum Beispiel in neun unterschiedlichen
Federn. Das funktionierte zwar, wenn alles richtig installiert war, aber das Konstrukt ließ sich nur schwer justieren. „Ich versuchte also“, erzählt Räke, „die Geräte so aufzubereiten, dass ich verantworten konnte, sie zu verkaufen.“ Nicht zuletzt aus Eigennutz: Mit Reparaturen und Reklamationen wollte er so wenig wie nötig zu tun haben. Dabei half ihm eine Dozentenweisheit, die er aus seinem Maschinenbaustudium mitgenommen hatte: „So einfach wie möglich, so kompliziert wie nötig und am liebsten unkaputtbar“. Das Prinzip hat sich bewährt: „Heute haben wir Kunden“, berichtet Räke, „die vor 40 Jahren unsere Plattenspieler gekauft habe. Die Geräte werden teilweise vererbt, gelegentlich von uns überholt, aber eigentlich geht, von elektronischen Komponenten abgesehen, daran nichts kaputt.“

Die Orientierung an stabiler Qualität half Räke auch über die schwierige Zeit Anfang der 1980er-Jahre, als sich die Vinylschallplatte für immer zu verabschieden drohte. Räke hielt durch bis zur Trendwende, die ihn mit einem großen Auftrag für die Hi-Fi-Baureihe Fine Arts von Grundig überraschte. Diese Plattenspieler sind heute über 30 Jahre alt, und ihr Konstrukteur verzeichnet kaum Rückläufe oder Reparaturwünsche. „Die Motoren brauchen allenfalls mal eine Ölung, wenn sie viel gelaufen sind. Kurzum: Was wir machen, hält einfach ewig“, gibt Räke zu Protokoll.
Solche Eigenschaften garantieren auch auf lange Sicht hohen Wiederverkaufswert. Nicht immer war dieser Aspekt in der Hi-Fi-Geschichte absehbar. Wer konnte zum Beispiel ahnen, dass sich derzeit in der Sammlerszene eine Renaissance der großen alten Kassettendecks anbahnt? Apparate wie der legendäre Nakamichi Dragon sind heute wieder gefragte Raritäten. Das gilt natürlich erst recht für die mächtigen Spulen-Tonbandmaschinen, für die es sogar wieder vorbespielte Bänder gibt. Sie rufen nicht nur Restauratoren auf den Plan, sondern auch Überzeugungstäter wie Roland Schneider, der unter seiner Düsseldorfer Marke Ballfinger moderne Nachkommen der feinmechanischen Magnetband-Dinos baut und damit weltweit reüssiert. Sogar Thorens mischt wieder in der Magnetbandszene mit: Zusammen mit Ballfinger baut der Hersteller eine reine Wiedergabe-Tonbandmaschine für vorbespielte Konserven. Das TM 1600 genannte Modell soll im Sommer 2020 auf den Markt kommen. Schon die Ankündigung während der High End 2019 sorgte für Aufsehen – nicht nur unter den eingefleischten Fans der rotierenden Spulen.
Allerdings: So manche Marke, die lange Zeit für Geräte mit Ewigkeitswert stand, ließ in ihrem Engagement spürbar nach und verschrieb sich eher den schnelllebigen Trends zu mobilen und vernetzten Geräten, die zwar hohe Existenzberechtigung haben, aber damit eben doch weit unter dem Qualitätsniveau bleiben, das die High-End-Szene von ihren Genussmitteln erwartet. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Verschwinden der Esprit-Serie von Sony hinterließ für viele Hi-Fi-Fans veritablen Phantomschmerz. Zwar legt der Hersteller auch heute noch faszinierende Hi-Fi-Produkte auf, etwas die mobilen Signature-Komponenten, die mit aberwitzigem Technikaufwand und kiloschweren Gehäusen durchaus High-End-Ideale hochhalten. Aber das vermag Experten wie Thomas Dressel vom Hi-Fi-Studio Schlegelmilch im fränkischen Haßfurt kaum zu trösten: Die Glaubwürdigkeit für den Kunden, sagt er, können einzelne Highlights nicht wirklich retten.

Und was wären nach seiner Erfahrung heute noch Marken von verlässlicher Qualität und dauerhaftem Wert? Dazu fällt ihm vor allem Accuphase ein: „Der Hersteller“, sagt er, „liefert makellose Auspackqualität ohne jeden Defekt oder Mangel, und wenn die Geräte ein Vierteljahrhundert lang unter normalen Bedingungen gelaufen sind, funktionieren sie zumeist immer noch wie am ersten Tag.“ Auch für die amerikanische Traditionsmarke McIntosh kann sich Dressel erwärmen – und weiß sich darin einig mit vielen seiner Kollegen: Die Hi-Fi-Boliden mit den charakteristischen blau hinterleuchteten Zeigerinstrumenten und dem plakativen Markensignet in Frakturschrift signalisieren schon mit solchen Äußerlichkeiten: Diese Apparate sind nicht als Eintagsfliegen gebaut.
Thomas Blumenhofer, Chef von Blumenhofer Acoustics in Walkertshofen bei Augsburg, weiß noch einen anderen Kandidaten für einen Ehrenplatz in der „High End Hall of Fame“: die Marke Marantz. Blumenhofer hat in seiner Jugend, als das Taschengeld noch streng limitiert war, gern seine Nase an den Schaufenstern von Hi-Fi-Händlern plattgedrückt, in denen die Apparate mit den Goldfassaden und den Mini-Oszilloskopen zur Sendereinstellung demonstrierten, wie High End geht. Heute beherbergt Blumenhofer unter dem Dach seines Hauses die wohl größte Sammlung von Marantz-Komponenten zwischen Hamburg und Haiti: Die Schätze aus den Glanzperioden der Hi-Fi-Geschichte füllen eine ganze Regalwand. „Die klingen auch einfach immer noch toll“, sagt Blumenhofer, und er muss es wissen: Die Geräte, soweit nötig sorgsam restauriert, treten nach wie vor regelmäßig zum musikalischen Einsatz an. Doch Blumenhofers eigentliche Profession ist der Lautsprecherbau: In seinem Haus entstehen etliche der größten, eindrucksvollsten und originellsten Hörner, die je für musische Zwecke geschreinert wurden, gern auch nach individuellen Wünschen.
Die großen Zeiten der starken Marken sind auch das zentrale Thema für Pierre Wittig von der HiFi-Zeile in Worpswede. Sein Team hat sich ganz auf die Restaurierung hochwertiger High-End-Komponenten spezialisiert – entweder um sie den Kunden in Bestform zurückzugeben oder um sie online zum Verkauf anzubieten. Wittig sieht darin auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit – zumal mit Blick auf das politische Umfeld: Von 2021 an verpflichtet die EU die Hersteller von Kühlschränken, Waschmaschinen und Fernsehern, ihre Geräte so zu konstruieren, dass sie sich leichter reparieren lassen; Ersatzteile sollen dann bis zu sieben Jahre lang verfügbar bleiben. Erfasst der gewünschte Trend zu längerer Lebensdauer demnächst auch die Hi-Fi-Welt, dann hat die HiFi-Zeile längst Maßstäbe gesetzt – und unzählige Vintage-Liebhaber glücklich gemacht: Wenn eine Revox-Bandmaschine A77 wieder schnurrt wie am ersten Tag, ist das für den wahren Analogfan wie Weihnachten. Möglich sind solche Tonband-„Erweckungen“, weil der Hersteller bis zu 90 Prozent aller wichtigen Bau- und Ersatzteile liefern kann, sagt Wittig. Das Kriterium der Machbarkeit bestimmt auch sein Serviceangebot: Die HiFi-Zeile restauriert zum Beispiel Klassiker wie die wunderschöne Atelier-Serie von Braun, die Urushi-Serie von Pioneer und Komponenten von Luxman, Harman/Kardon, Sony, Accuphase, Camtec, Marantz und McIntosh – damit auch künftig der Satz gilt: Es gibt sie noch, die guten Dinge.

Der vorstehende Artikel ist erstmals im Lifestylemagazin „VOLUME“ 2019, Edition 04 erschienen (Printmagazin). Zuletzt wurde der Artikel am 25.03.2025 aktualisiert.
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